Piding: Land- und Forstwirtschaft haben als einzige Branche das Potenzial Klimagase nicht nur zu emittieren, sondern diese durch die Schaffung von effektiven CO2-Senken wie Humusböden und Wälder zu speichern und damit zur Klimaentlastung beizutragen, so sinngemäß Julia Klöckner, Bundeslandwirtschaftsministerin. Die Kuh als Wiederkäuer setzt auf der einen Seite das klimaschädliche Methan-Gas bei der Verdauung frei. Doch weidende Kühe fördern auf der anderen Seite ein gesundes Bodenleben und damit den Aufbau von humusreichen Grünland-Böden als wichtige CO2-Speicher. Die Zusammenhänge zwischen Wiederkäuern, Boden und Klima werden jedoch aktuell bei der Betrachtung der Klimawirkung der Milcherzeugung nicht berücksichtigt. Weil dazu bislang valide Daten fehlen, ist eine Studie in Planung, um wissenschaftlich fundierte Fakten zu beschaffen.
„Unsere Klima-Bilanz zeigt deutlich, dass der überwiegende Anteil der Treibhausgasemissionen der Molkerei durch indirekte Emissionen, also Scope-3-Emissionen (siehe Info-Kasten) verursacht werden. Für diesen großen Anteil der Scope-3-Emissionen sind insbesondere Treibhausgasemissionen aus der tierseitigen Methan-Freisetzung verantwortlich. Das ist allerdings nur eine erste oberflächlich Betrachtung“, erläutert Bernhard Pointner, Geschäftsführer der Molkerei Berchtesgadener Land. Treibhausgasbilanzen von Molkereien bilden derzeit wichtige landwirtschaftliche Klimaschutzmaßnahmen wie das Dauergrünland nicht ab, das als Kohlenstoffspeicher Ökosystemleistungen für die ganze Gesellschaft erbringt. „Bis dato gibt es hierzu kaum wissenschaftlich fundierte Untersuchungen. Deshalb unterstützen wir als ersten Schritt eine praktische Hochschul-Abschlussarbeit zu diesem Thema. Anschließend ist eine umfangreichere Studie mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Freising geplant, in dem die Betriebe unserer Landwirte auf ihre Klimawirkung hin untersucht, und dabei sowohl die klimaschädlichen, aber auch die klimapositiven Effekte berücksichtigt werden“, erklärt Pointner.
Der Hintergrund: Weidehaltung fördert Humusaufbau
Durch die Tritte und Bisse der Kühe wird ein Wachstumsimpuls ausgelöst. Dieser regt zur Photosynthese sowie zum Wurzelwachstum an, wodurch die Humusbildung und damit auch das Wasserhaltevermögen der Böden gefördert wird. Jede Tonne zusätzlicher Humus im Boden kann rund 1,8 Tonnen CO2 binden (vgl. Anita Idel (2011): Die Kuh ist kein Klimakiller!). Es stellt sich daher die Frage: Wie groß ist der ökologische Fußabdruck eines Liters Milch wirklich – also bei einer ganzheitlichen Berechnung, bei der auch die klimapositiven Effekte der Landwirtschaft berücksichtigt werden?
Das Futter macht’s: Kräuter fressen für das Klima
„Auf den Weiden hier in der Bergregion zwischen Watzmann und Zugspitze wachsen bis zu 30 verschiedene Arten an Gräsern und Kräutern. Das wäre übrigens ohne Weidehaltung nicht möglich. Denn erst durch die Beweidung bleiben die Flächen offen und vielfältig und verbuschen nicht“, erklärt Landwirt Alois Kramer aus Krün. Dass die Kühe hier so kräuterreiches Futter vorfinden, wirkt sich auch positiv auf deren Klimabilanz aus – das haben Forscher der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel herausgefunden: In einer Studie (Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (2018): Leistungen von der Weide.) konnten sie zeigen, dass eine kräuterreiche Fütterung den Methanausstoß der Kühe deutlich reduziert. „Ein weiterer positiver Effekt der Weidehaltung fürs Klima ist, dass das Gras als Futter im Sommer nicht eingebracht und nur noch ein Teil an Mist und Jauche auf die Felder gefahren werden muss. Das mindert die transportbedingten Emissionen“, erläutert Alois Kramer. Dass die Weidehaltung umweltfreundlicher und auch tiergerechter ist, diese Erkenntnis ist für die Genossenschaftsmolkerei nicht neu: Bereits 2017 wurde aus diesem Grund eine Weideprämie eingeführt. Inzwischen treiben über 1.000 der 1.700 Betriebe der Molkerei ihre Kühe im Sommer auf die Weide.