Piding, 20. August 2021: Für Bio-Landwirt Johann Grassl in Schönau am Königssee ist es die erste Futterlieferung, bei Johann Angerer, Bio-Bauer von der Kilianmühle in Berchtesgaden, werden zum zweiten Mal gespendete Ballen angeliefert. Die beiden sind zwei der von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Landwirte* im Berchtesgadener Land. Die Molkerei Berchtesgadener Land hat direkt nach dem Unglück eine unbürokratische Spendenaktion innerhalb der Genossenschaft in die Wege geleitet und organisiert jetzt je nach Bedarf die Lieferungen zu ihren Landwirten. Die Spendenbereitschaft unter den genossenschaftlich verbundenen Kollegen ist riesig und währt immer noch. Und das ist gut so, denn bis die überschwemmten oder verschütteten Wiesen den Kühen wieder als Futter dienen, kann noch viel Zeit vergehen.
Einen Tag nach dem Aufruf waren schon 500 Futterballen als Spende gemeldet. Mittlerweile sind es knapp 2.200 Ballen, die die Landwirtebetreuung der Molkerei Berchtesgadener Land nun je nach Bedarf abrufen kann. Davon sind rund 800 Futterballen in Bio-Qualität. So ist sichergestellt, dass die Bio-Landwirte der Molkerei gemäß der Futterrichtlinien der Anbauverbände weiter füttern können und die Bio-Milch abgeholt werden kann.
„Wir konnten natürlich nicht gleich direkt nach der Katastrophe die ersten Futterballen liefern, weil zum einen erst Lagerflächen freigeräumt werden mussten und zum anderen sich das ganze Ausmaß und der Bedarf an Futterspenden auch erst jetzt zeigt“, erklärt Matthias Mayer, einer der fünf Hofberater der Molkerei Berchtesgadener Land. Seinen Eindruck kann Landwirt Johann Grassl aus der Schönau nur bestätigen. So sieht die Weide für seine elf Milchkühe rund einen Monat nach dem Hochwasser auf den ersten Blick eigentlich wieder ganz intakt aus. „Die Kühe fressen das Gras nicht. Wenn ich sie auf die Wiesen lass‘, die es überschwemmt hat, dann fangen sie nach zehn Minuten zum Schreien an“, schildert der Bauer. Leicht sei es ihm nicht gefallen, nach den Spenden zu fragen. „Aber unser Futter reicht jetzt einfach nicht mehr.“ Und so nimmt er die Heuballen in Bio-Qualität bei der Lieferung nun dankbar entgegen. Damit ist der Hof der Grassls die letzte Station dieser Spendenfuhre. Bereits zuvor hat Christian Schmuck, den die Molkerei mit den Fahrten beauftragt hat, acht Heuballen bei Johann Angerer in Berchtesgaden abgeliefert.
Abgeholt hat er die Heu-Ballen für diese Spendenfahrt bei drei Bio-Landwirten der Molkerei Berchtesgadener Land. Einer davon ist Hubert Enzinger, der in Neukirchen einen Hof mit vier Kühen im Nebenerwerb betreibt. Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit seinen Genossenschafts-Kollegen mit einer Futterspende zu helfen. „Ich hab‘ den Spendenaufruf gesehen und gleich in der Molkerei angerufen. Da muss man nicht lang überlegen. Wir helfen uns einfach untereinander“, macht der Landwirt deutlich.
Lieferungen je nach Bedarf und Wetter
Neben dem Bedarf und der Bio-Zertifizierung muss Matthias Mayer bei den Terminabsprachen für die Lieferungen bei den Heuballen immer das Wetter im Auge behalten. Das getrocknete Gras darf auf der Fahrt von Landwirt zu Landwirt keinen Regen abbekommen. „Wir stehen in ständigem Austausch mit den betroffenen Landwirten und organisieren kurzfristig die weiteren Lieferungen“, erklärt Matthias Mayer. Sein Kollege Lorenz Gaßner, der bei der Spendenfuhre vor Ort ist, schildert, dass in den ersten Tagen nach dem Spendenaufruf die Telefone in der Molkerei gar nicht mehr stillgestanden haben. „Die Hilfsbereitschaft war überwältigend. Der Zusammenhalt in der Genossenschaft ist einfach super.“
Die beiden Hofberater sind überzeugt davon, dass die Futterversorgung mit Spenden von den Genossenschaftslandwirten auch längerfristig gewährleistet werden kann. Denn ab wann die Flächen wieder zum Futter für die Tiere genutzt werden können, bleibt die große Unbekannte.