Piding: Fünf Kinder im schulpflichtigen Alter zu haben, das ist in Zeiten von Homeschooling mit der dafür nötigen technischen Ausstattung und den für konzentriertes Arbeiten nötigen Räumlichkeiten eine fast unlösbare Aufgabe für eine Familie. Wenn dann aber, wie bei Familie Griebl aus Samerberg, die Suche nach dem ersten Berufs-Schnupperpraktikum zu Coronazeiten für die erstgeborenen Drillinge dazukommt, dann wird es eine echte Herausforderung. Mit der Molkerei Berchtesgadener Land fand die Familie dann zum Glück doch noch ein Unternehmen, das den Drillingen Theresa, Franziska und Maria den Einblick in den Berufsalltag ermöglichte.
Denkt man an die Fahrerei morgens und abends, dann mag es praktisch erscheinen, wenn alle drei Kinder ähnliche Interessen haben und am liebsten zusammen ein Praktikum absolvieren wollen. Stellen für Schnupperpraktika sind in Zeiten der Corona-Pandemie leider grundsätzlich Mangelware und drei gleichzeitig unterzubringen dann schier unmöglich. Viele Handwerksbetriebe aber auch Großbetriebe sehen sich aktuell nicht im Stande ein Praktikum anzubieten.
Die Griebls bewirtschaften einen Bergbauern-Hof am Samerberg und schlossen sich Anfang 2020 der Molkereigenossenschaft Berchtesgadener Land an. So kam Papa Griebl auf die Idee für seine 15-jährigen Töchter Theresa, Franziska und Maria in der Molkerei um „ein“ Praktikum anzufragen. Alle drei Töchter interessieren sich für naturwissenschaftliche Fächer und wollten sich am liebsten ein Labor als zukünftige Arbeitsstelle anschauen. Maria, die bei den Drillingen optisch leicht aus der Reihe tanzt, hatte dann die Idee sich aufzuteilen und zusätzlich für ein Praktikum als Molkereitechnologe anzufragen – sozusagen um die Chance zu erhöhen, doch noch ein Praktikum im gleichen Betrieb für alle drei möglich zu machen. Der Plan ging auf und so konnten alle drei in der vergangenen Woche bei Berchtesgadener Land ihr Praktikum absolvieren.
Vergangenen Montag ging es für die Drillinge daher statt in die Realschule nach Brannenburg, wo die drei die 9. Klasse besuchen, nach Piding zur Molkerei Berchtesgadener Land. Nachdem alle drei mittels Schnelltest in der Molkerei negativ auf Corona getestet worden waren, ging es für Maria in die Produktion und für die zum Verwechseln ähnlichen Schwestern Theresa und Franziska ins Labor.
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Die Eindrücke von ihrem ersten Berufspraktikum schildern Therese, Franziska und Maria im folgenden Interview.
Wo geht ihr zur Schule?
Theresa: „Wir gehen in die Realschule Brannenburg und zwar alle in die gleiche Schule und die gleiche neunte Klasse. Sogar jetzt beim geteilten Unterricht, weil die Klasse nach ABC getrennt wird und wir ja alle den gleichen Nachnamen haben.“
Wie ist das aktuell in der Corona-Pandemie mit der Suche einer Stelle?
Theresa: „Ja, das war jetzt gar nicht so einfach, weil wir gerne im gleichen Betrieb das Praktikum machen wollten. In unserer Klasse hat zum Schluss nur eine Mitschülerin keine Stelle bekommen, in anderen Klassen ist das aber anders.“
Wer ist auf die Idee gekommen ein Praktikum in der Molkerei zu machen?
Theresa: „Unser Vater arbeitet Teilzeit als Chemielaborant bei Wacker in Burghausen und auch eine Tante arbeitet dort. Aber wie bei vielen Betrieben werden dort aktuell wegen Corona keine Schnupper-Praktikanten genommen. Da kam unser Vater auf die Idee bei unserer Molkerei für uns anzufragen.“
Macht ihr immer alles gleich?
Nein – kam es einstimmig und Franziska ergänzt: „Bei den Instrumenten spielt z.B. jeder ein anderes: Maria spielt Gitarre, Theresa Zither und ich Harfe.“
Warum habt ihr euch für ein Praktikum im Labor beworben?
Franziska: „Bio- und Chemieunterricht finden wir alle drei sehr spannend. Neben den Kühen haben wir zuhause auf unserem Bauernhof große Streuobstwiesen. Beim Melken muss die Hygiene genau stimmen und aus dem Obst brennen wir Schnaps und da muss auch genau untersucht werden, ob die Inhaltsstoffe passen. Überhaupt ist das spannend zu erfahren, was alles in Produkten steckt, egal, ob es sich um Lebensmittel oder auch Cremes oder Shampoo handelt.“
Maria, warum hast du dich nicht fürs Labor entschieden?
Maria: „Ich hätte schon auch Labor gemacht, aber wir dachten, wenn wir uns für zwei Berufsbilder bewerben, ist die Chance größer, dass wir vielleicht wirklich alle drei gleichzeitig einen Platz bekommen. – und hat ja auch funktioniert.“
Was hat euch im Labor besonders gefallen?
Theresa: „Zum Start haben wir eine gemeinsame Führung durch die ganze Molkerei bekommen, das war echt beeindruckend. Im Labor fand ich besonders das Pipettieren spannend, wenn dann die Flüssigkeit eine neue Farbe bekommt. Das genaue Arbeiten liegt mir einfach.“
Franziska: „Mir hat eigentlich alles gefallen, der Arbeitsalltag ist so vielfältig und wir durften so viele verschiedene Sachen machen: Produkte verkosten, die Konzentration von Desinfektionsmittel prüfen, Produktproben mikrobiologisch untersuchen, Dichtheitskontrolle der fertigen H-Milch-Verpackungen durchführen, Milchproben auf deren Fettgehalt untersuchen, Schlagfähigkeit der Schlagsahne überprüfen…“
Habt ihr euch die Molkerei und die Abläufe in einem Labor so vorgestellt?
Theresa: „Wie wir den ersten Tag in die Molkerei gekommen sind, haben wir schon gesehen, dass das kein ganz kleiner Betrieb ist, aber dass hier 500 Mitarbeiter arbeiten, das hätten wir nicht gedacht.“
Franziska: „Das ganze Gelände und die Gebäude sind so weitläufig, da kann man sich schnell mal verlaufen. Aber im Labor, das ist doch ein begrenzter Raum, da kennen wir uns jetzt schon aus. Toll ist, dass hier das ganze Team so jung ist und eigentlich immer gute Laune herrscht. Da macht die Arbeit Spaß und der Tag vergeht wie im Flug.“
Maria, was hat dir in der Produktion besonders gefallen
Maria: „Gefallen hat mir die Fruchtquark-Herstellung – erst wird der Quark hergestellt und dann mit Frucht vollautomatisch vermischt und abgefüllt und zum Schluss natürlich auch probiert. In der Produktion werden vor allem viele Maschinen bedient. Es ist wirklich sehr technisch. Diese Woche war echt spannend, aber ich habe gelernt, dass das nichts für mich ist. Einen Tag durfte ich auch im Labor mitarbeiten und das kann ich mir schon eher vorstellen. Aber wahrscheinlich schaue ich mir noch Berufe an, die mehr mit Menschen zu tun haben, was Soziales oder vielleicht werde ich auch Dorfhelferin.“
Habt ihr euch die Arbeit in einer Molkerei so vorgestellt? Was hat euch überrascht?
Franziska: „Dass die Produkte wie Milch, Butter und z.B. Schlagrahm genau untersucht werden, das haben wir schon erwartet. Aber dass in einem Molkereilabor auch Wasser- und Abwasserproben gezogen und untersucht werden, das hat uns total überrascht.“
Theresa: „Ja stimmt. Mir war auch nicht bewusst, dass die ganzen Verpackungen gewogen und ganz geprüft werden und z.B. bei den Tetrapackungen diese Schweißnaht mit Flüssigkeit auf Dichtheit überprüft wird.“
Jetzt nach einer Woche: Hat euch das Praktikum geholfen auf dem Weg zur Berufswahl?
Franziska: „Mir hat es echt gut gefallen. Labor, das könnte ich mir echt gut vorstellen. In der Molkerei könnte ich dann Milchwirtschaftliche Laborantin lernen. Ich möchte vor einer endgültigen Entscheidung aber noch ein Praktikum als Chemielaborantin machen.“
Theresa: „Ich denke, ich werde mich in der Molkerei für den Beruf „Milchwirtschaftliche Laborantin“ bewerben, aber ein bisschen Zeit habe ich ja noch.“
Maria: „Ich nehme aus dem Praktikum mit: Milchtechnologe, so heißt der Beruf Molkereifachmann seit einigen Jahren, das könnte man auch als Mädchen lernen. Für mich persönlich ist das Berufsfeld aber zu technisch, zu viel mit Maschinen und Anlagen und zu wenig handwerklich. Ich möchte lieber prüfen, testen und verkosten – und das sind doch eher Arbeitsabläufe, die man im Labor macht.“
Vielen Dank für eure Eindrücke zum Schnupper-Praktikum in der Molkerei Berchtesgadener Land.