Mit den Demonstrationen gegen den Wegfall von notwendigen Subventionen ist die Bauernschaft ins Jahr gestartet. Im Angesicht dieser aufgeheizten Situation fanden die diesjährigen Informationsveranstaltungen für die Bäuerinnen der Molkerei Berchtesgadener Land statt. Die Molkerei Berchtesgadener Land zeigte Verständnis für den Unmut ihrer Mitglieder. Vorstand und Geschäftsführung informierten auf den Veranstaltungen über den Milchmarkt im von Krisen belasteten vergangenen Jahr. Der Fokus lag aber auf dem Ausblick für 2024. Ziel aller Maßnahmen sei weiterhin die Unabhängigkeit der Genossenschaft, denn die Molkerei wolle weiterhin ein verlässlicher Partner der Landwirtschaft in der Alpenregion bleiben, so der Geschäftsführer Bernhard Pointner. Herzensangelegenheit sei es Landwirtschaft und Gesellschaft wieder zusammenzubringen. Heimisch erzeugte Lebensmittel und der Beitrag der Landwirtschaft zur Erhaltung der Kulturlandschaft sollen bei der Kundschaft wieder mehr Wertschätzung erfahren. Deshalb setzt die Molkerei seit letztem Jahr auf ein Pädagogikkonzept. Über 2000 Kinder besuchten im vergangenen Jahr bereits Bauernhöfe. Im Anschluss erhielten die Kinder dann eine kindgerechte Führung in der Molkerei.
Insgesamt waren 546 Bäuerinnen aus dem Milcheinzugsgebiet zwischen Watzmann und Zugspitze der Einladung nach Kirchberg/Mattighofen (Österreich, 60), Teisendorf (156), Lenggries (167) und zuletzt gestern in Bergen (163) gefolgt.
Andreas Argstatter, Vorstandsvorsitzender der Molkereigenossenschaft Berchtesgadener Land, betonte: „Die Milchwirtschaft ist ein wesentlicher und wichtiger Akteur in der Versorgung unserer Bevölkerung mit nahrhaften, wertvollen, gesunden und schmackhaften Lebensmitteln. Davon bin ich überzeugt und dafür muss der Strukturwandel gestoppt werden. Ansonsten werden wir uns in Deutschland über kurz oder lang nicht mehr selbst mit Grundnahrungsmitteln wie Milch versorgen können. Das kann keiner wollen.“ Anlass für die laufenden Bauernproteste waren die angekündigte Abschaffung des Agrardiesels und der grünen Nummernschilder. Sie waren aber nur noch der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Denn immer neue Auflagen, höhere Kosten und niedrigere Einkommen in der Landwirtschaft führen seit Jahren zu immer mehr Hofaufgaben.
In Europa ist die in 2022 gezählte Anzahl von knapp 75 Millionen Rindern* weiterhin rückläufig. Ursachen seien die klimatischen Herausforderungen, steigende Produktions- und Energiekosten, aber auch der Arbeitskräftemangel. Die weltweite Nachfrage nach Milch steigt derzeit nicht weiter an. Das liegt insbesondere an der seit 2022 halbierten Nachfrage nach Milchpulver aus China. China hatte damit 2022 die Milchpreisrallye ausgelöst und die Preise für Rohmilch und in der Folge die Verbraucherpreise für Milch und Butter extrem nach oben schnellen lassen. Wie die Molkereiführung prophezeit hatte, ist es nun gekommen: Der Hype nahm ein schnelles Ende, so Argstatter. Er ist sich sicher, dass die Molkerei für die Zukunft richtig aufgestellt ist und sich die Position gegenüber dem Handel und der Kundschaft dank der fairen Preisstrategie bei den Produktpreisen in den vergangenen Krisenjahren sogar noch verbessert habe.
Auszeichnungen am Jahresende hellen die Stimmung auf
So schwierig das letzte Jahr auch war, geendet hatte es gut für die heimische Molkerei: Als erste Molkerei hatte Berchtesgadener Land den Deutschen Nachhaltigkeitspreis zum zweiten Mal erhalten und war beim Buttertest von Stiftung Warentest als Testsieger hervorgegangen. Und auch beim Projekt „Zukunftsbauer“ hatte Geschäftsführer Bernhard Pointner positive Meldungen mitgebracht: „Seit Projektstart wurden im Rahmen des Projektes 1,4 Mio. Euro Fördergelder an unsere Landwirt:innen ausgezahlt. Und das Projekt läuft weiter, das heißt konkret, jeder von Euch kann sich beteiligen und bis zu 10.000 Euro für Investitionsvorhaben zur Verbesserung der Energieeffizienz bekommen.“
Eigenständigkeit als wichtigstes Ziel
Die heimische Molkerei hat es schon immer verstanden Krisen als Chancen zu nutzen. So konnten Corona und die Lieferkettenengpässe, die Energiekrise mit Milchpreishype und nicht zuletzt die Inflation und Bioflaute im vergangenen Jahr gut überwunden werden. Während Müllermilch die in 2023 erworbenen Landliebe-Standorte schließt und die Markenrechte schrittweise verkauft, hat Berchtesgadener Land am einzigen Produktionsstandort in Piding in den vergangenen 12 Jahren 250 Mio. Euro investiert. Manches davon war auch Entscheidungen aus Brüssel geschuldet, so der Geschäftsführer. So gelte ab Mitte 2024 das Gebot der „verbundenen Kappe“. Die Schraubverschlüsse von H-Milch, Frischmilch und Milchmischgetränken müssen zukünftig auch nach dem Öffnen mit der Getränkeverpackung verbunden bleiben. Damit soll sichergestellt werden, dass Packung und Cap zurück in den Recyclingkreislauf gelangen. Dazu mussten ein neues Produktionsgebäude gebaut und Abfüllanlagen ausgetauscht werden.
Landwirtschaft ist wertvoll
Langfristige Eigenständigkeit der heimischen Molkerei setzt voraus, dass sie weiterhin wirtschaftlich erfolgreich ist. Dazu müssen die Verbraucher aber auch bereit sein, etwas höhere Preise zu bezahlen. Das wird bei zukünftigen Generationen nur dann der Fall sein, wenn der Wert der Lebensmittel, insbesondere die aufwändige Bewirtschaftung der Höfe in der Bergregion und deren Pflege der Kulturlandschaft verstanden und wertgeschätzt werden. Dazu wurde in der Molkerei ein Pädagogik-Konzept ausgearbeitet und interessierte Bäuerinnen zu Multiplikatoren ausgebildet. Eva Lederer von der Molkerei Berchtesgadener Land stellte das Konzept vor und ist überzeugt: „Keiner kann Kindern die Landwirtschaft, die Erzeugung hochwertiger Lebensmittel und deren Geschmack besser näherbringen, als die Landwirtinnen selbst.“ Deshalb bildet die Molkerei auch weiterhin Markenbotschafter aus.
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